Drei Tage unterwegs mit Tourenski und Splitboards und auf keinen einzigen Gipfel gestanden. Was wie ein Alptraum für Gipfelbuchfetischisten klingt, wurde dank massenhaft Neuschnee zu einem traumhaften Wochenende. Lass mich dich mitnehmen ins Abenteuer Winterraum.
Los ging es wie so oft mit einem Powderalarm. Nach drei Tagen Dauerschneefall kündigt der Wetterbericht ein sonniges Wochenende an. Ideale Voraussetzungen für unsere schneehungrige Crew! Wir beschließen uns im Winterraum der Biberacher Hütte einzuquartieren und die umliegenden Hänge zu erkunden.
Der deutsche Teil unserer Gruppe trifft schon Freitag Mittag im Bregenzerwald ein und macht sich auf den Weg zum Winterraum. Vinc und ich treffen erst gegen Abend am Parkplatz ein. Die Autos unserer Mitstreiter liegen mittlerweile unter einer dicken Schicht Neuschnee. Voller Motivation fellen wir unsere Splitboards auf und machen uns auf den Weg zur Hütte.
Der Zustieg verläuft von Landsteg an der Bregenzerwaldstraße zwischen Schoppernau und Schröcken über den Versorgungsweg durch den Wald bis zur Biberacher Hütte. Vom Parkplatz bis zur Hütte sind gute 4 Kilometer zurückzulegen, heute durch 40cm Neuschnee.
Es wird relativ schnell dunkel und wir müssen unsere Stirnlampen einschalten.
Gute Vorbereitung ist die halbe Miete
Anfangs ist die Wegführung relativ klar, man folgt einfach dem Güterweg, der eine Schneise durch den Wald zieht. Oberhalb der Baumgrenze wird die Orientierung dann schon schwerer, vor allem in der Dunkelheit und mit dem vielen Neuschnee. Da es fast drei Tage durchgeschneit hat und der Wind den Schnee verfrachtet hat ist kein Weg mehr ausmachbar. Auch die Spuren unserer Vorgänger sind längst verschwunden. Grau in Grau präsentiert sich die Landschaft.
Wir fräsen durch Schneeverwehungen und Wächten weiter und sind extrem froh den Wegverlauf als GPS-Track vorab auf der Suunto Ambit (Testbericht) eingespeichert zu haben. Wieder einmal zeigt sich wie wichtig gute Vorausplanung ist, denn die Biberacher Hütte liegt hinter einer hohen Schneeverwehung. Ohne Navigationshilfe wären wir garantiert daran vorbeigelaufen.
Deshalb hier ein Tipp: GPS-Gerät bei längeren Touren immer aufladen und mit der Route bestücken. Ohne den GPS-Track wären wir ziemlich aufgeschmissen gewesen im Dunkeln!
Das Abendessen wartet schon
Freudig werden wir im angenehm vorgeheizten Winterraum der Biberacher Hütte empfangen. Zur Stärkung für den nächsten Tag serviert man uns gleich ein leckeres Nudelgericht. So macht das Ankommen im Winterraum Spaß! Satt und voller Vorfreude auf den nächsten Tag geht es ab ins Matrazenlager.
Mit 40 cm Neuschnee fällt das Aufstehen leicht
Kurz vor Sonnenaufgang sind wir alle top-motiviert schon wach. Kein Wunder, es hat über Nacht fast 40cm Neuschnee gegeben und die Sonne lacht vom Himmel. Ein Sonnenaufgang ist jedes Mal ein besonderes Erlebnis, gerade in den Bergen. Die letzten Wolken lösen sich auf und die Sonne setzt sich langsam durch. In Kombination mit all den unverspurten Tiefschneehängen also die perfekte Grundlage für einen absoluten Traumtag.
Während ich draußen weiter Fotos vom atemberaubenden Sonnenaufgang knipse, läuft in der Hütte bereits die Morgenroutine ab. Da es in Winterräumen kein fließendes Wasser gibt, muss erstmal Schnee gesammelt und geschmolzen werden. Dafür heißt es erstmal den Ofen anheizen und Schnee schmelzen. Kurze Zeit später duftet es bereits nach frischem Kaffee.
Nach einem ausgiebigem Frühstück kann es losgehen, die Splitboards und Tourenski werden in den Touren-Modus umgebaut und die Felle aufgezogen. Anschließend diskutieren wir mögliche Aufstiegs- und Abfahrtsvarianten für den heutigen Tag.
Vor dem losmarschieren ist noch kurzer Lawinenpiepser-Partnercheck angesagt, Sicherheit geht immer vor.
Um uns herum liegt nur unverspurter, frischer Neuschnee. Voller Motivation geht es los.
Den Hausberg der Biberacher Hütte, die Hochkünzelspitze, lassen wir heute auf jeden Fall aus. Auch wenn die Hänge mit frischem Pulverschnee sehr verlockend aussehen, bei Lawinenwarnstufe 4 nach drei Tagen Schneefall ist es eindeutig zu steil. Trotzdem beobachten wir im Tagesverlauf eine Gruppe von sechs Tourengehern die – mit viel zu wenig Abstand – in Spitzkehren auf die Hochkünzelspitze touren. Absoluter Wahnsinn, da im Umfeld schon auf weniger steilen Hängen aufgrund der Tageserwärmung immer wieder spontane Hangrutsche zu beobachten sind! Aber glückerlicherweise geht alles gut aus.
Wir halten uns an mäßig steile Abfahrtshänge und haben trotzdem unseren Spaß im unverspurten Powder.
Immer wieder steigen wir neue Hänge hoch und jeder findet seine persönliche, unverspurte Tiefschneeabfahrt.
Im Tagesverlauf nimmt der Wind deutlich zu, gerade in kammnahen Bereichen dürfte sich in den nächsten Tagen sehr viel Triebschnee sammeln. Nachdem wir, nach mehreren perfekten Powderruns, auf einen Grat aufgestiegen sind bläst uns plötzlich ein regelrechter Sturm entgegen.
Einstimmig beschließen wir, uns wieder in windgeschützteres Gelände zurückzuziehen. Wiederum reiht sich ein perfekter Run auf den anderen.
Zur Mittagszeit geht es zurück in den Winterraum um eine Stärkung zu kochen. Anschließend genießen wir das Mittagessen auf der Sonnenbank der Biberacher Hütte.
Am Nachmittag geht es dann weiter im Programm: Tiefschneefahren bis zum Umfallen!
Schneeschmelzen und Anfeuern im Winterraum
Als die Sonne untergeht und wir am späten Nachmittag zurück in der Biberacher Hütte sind, ist dann wieder Routine angesagt. Damit es im Winterraum warm wird, muss der Holzofen angefeuert werden. Auch zum Kochen und zur Trinkwassergewinnung durch Schneeschmelzen braucht es einen warmen Ofen. Als das Feuer lodert gibt es wieder ein deftiges Abendessen und wir fallen alle glücklich und zufrieden ins Bett.
Körperpflege im Winterraum
Manch einer fragt sich, wie man sich ohne fließendes Wasser waschen kann. Die Antwort darauf: gar nicht, es stinken eh alle. Aber für Hartgesottene gibt es eine Alternative, nämlich das Duschen mit Schnee. Danach braucht man auch keinen Kaffee mehr, so wach ist man! Außerdem spart man wertvolles Schmelzwasser 😉
Ein neuer Tag im Winter-Wonderland
Klirrend kalt startet auch der nächste Tag. Unsere Boards und Skistöcke sind mit einer Schicht aus Eiskristallen überzogen. Brrrr, erstmal wieder einheizen zum Aufwärmen!
Mit dem Sonnenaufgang kommt die Wärme – oder eventuell auch weil wir heute eingeheizt haben bis der Ofen glühte. Glühen gibt es auch draußen in Form von Alpenglühen über dem Großen Walsertal.
Auch am zweiten Tag reiht sich eine perfekte Abfahrt auf die Nächste. Außer unserer Truppe verirrt sich niemand hier hoch und so sind wir „gezwungen“ alle Tiefschneehänge alleine zu verspuren.
Es läuft immer gleich ab, im Jojo-Style: Aufsteigen, Powder-Run, Aufsteigen, Powder-Run. Danke Frau Holle, wir lieben dich!
Rennen bei Sonnenuntergang
Zahlreiche Powderruns später machen wir uns wieder auf Rückweg. Der schmale Ziehweg zum Parkplatz wird kurzerhand zur Rennstrecke, denn jeder will der Schnellste sein. Wie die Irren rasen wir über den engen Weg ins Tal hinunter und geben nochmal alles.
Nach einem heißen Wettrennen, welches jeden Boardercross alt aussehen lässt, kommen wir mit dem letzten Licht der Sonne wieder bei unseren tief eingeschneiten Autos an. Was für ein perfektes Wochenende!
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Verfolge die Berichte und Bilder mit großer Spannung! Hoffe, ihr werdet nicht zu übermütig und geht kein Risiko ein. Wünsche euch weiterhin tolle Touren und viel Spass beim Powdern! ?
Hallo Brigitte, danke, das freut mich sehr wenn du öfter bei uns reinschaust. Danke auch für deinen Kommentar, der bringt Motivation für weitere Tourenberichte.
Zum Risiko: natürlich versuchen wir bei jeder Tour mit Hilfe von Lawinenlagebericht und Analyse der Verhältnisse vor Ort das Risiko zu minimieren. Aber ein Restrisiko bleibt leider immer bestehen wenn man im Tiefschnee unterwegs ist…
Hallo Martin, danke für den tollen Bericht. Ich möchte vielleicht am kommenden Samstag auf die BC-Hütte. Wie schätzt Du die Lawinengefahr im Zustieg ein?
Grüße Johannes
Hallo Johannes,
also im Moment würde ich es eher als heikel einstufen. Beim Zustieg vom Parkplatz durch den Wald hast du rechts teils steile Hänge, da gehen immer wieder Rutsche auf den Weg ab, gerade wenn die Temperatur tagsüber steigt. Es dürfte die letzten Tage außerdem reingeregnet haben. Aber eine Ferndiagnose ist aber immer eher schwer, würde mir den Lawinenlagebericht nochmal ansehen und gegebenenfalls vor Ort beurteilen. Die aktuelle Situation für Vorarlberg findest du hier: http://warndienste.cnv.at/dibos/lawine/.
Schöne Grüße,
Martin
Super, vielen Dank! LLB hatte ich schon angesehen. Ich sehe es auch eher heikel…suche mir vielleicht eher was weniger kritisches.
Grüße und ein schönes WE!
Gern geschehen. In dem Fall wünsch ich dir ein schönes Wochenende und viel Spaß im Schnee!
Coole Bilder 😉
Danke Andi 🙂