Sendemast, Seilbahnstation und dann noch ein Drehrestaurant: der Gipfel des Hohen Kastens ist hässlich und überlaufen. Von allen Seiten führen reichlich markierte Wanderwege zum Gipfel. Die Aussicht ist zwar nett, ansonsten bietet der Berg nichts lohnenswertes. Doch es gibt eine Ausnahme: den Zustieg über die Kastenwand und den Lienzer Spitz.
Hier zeigt sich der Hohe Kasten noch von seiner rauen Seite. Über steile Grashänge und ausgesetzte Kletterpassagen folgt man einem wilden und nur sehr spärlich markierten Weg. Die Wegfindung ist teils mühsam und überhaupt hat man oft das Gefühl in unberührter Wildnis unterwegs zu sein. Abenteuer pur.

Fakten:
Zeitbedarf: 6 Stunden
Höhenunterschied: 1100 m
Distanz: 10 km km
Ausgangspunkt: Sennwald / Parkplatz Schwendi
Einkehrmöglichkeit: Hoher Kasten Drehrestaurant, Berggasthaus Alp Rohr
Schwierigkeit: T5 / I (UIAA-Skala)
Eine Warnung vorab
Während die meisten Wanderwege auf den Hohen Kasten gut erschlossen, markiert und laufend gepflegt werden, ist man auf dieser Tour in deutlich schwererem Gelände unterwegs. Man bewegt sich durchgehend an einem sehr steil abfallenden Grashang, teils sind Kletterstellen im I. Grad zu überwinden. Der Weg ist nicht offiziell markiert und ungesichert. Bei Nässe oder Schnee ist eine Begehung absolut tabu, da es dann sehr schnell lebensgefährlich werden kann.

Aber trockenes Wetter und Trittfestigkeit vorausgesetzt, ist der Weg durch die wenig begangene Kastenwand eine wunderschöne und knackige Tour. Wer ausgesetzte Pfade liebt, schwindelfrei ist und kein Problem damit hat, den Weg teilweise selbst suchen zu müssen, der wird hier reichlich belohnt.
Los geht es bei Sennwald / Parkplatz Schwendi
Von Sennwald aus fährt man beim Gasthaus Schäfle hoch Richtung Rüti/Britschli bis zum Ende der Straße zum Parkplatz bei Schwendi. Dort stellt man das Auto ab und geht zu Fuß weiter. Man folgt kurz einem Forstweg rechts hoch. Diesen verlässt man an der ersten Kuppe links in den Wald hinein.

Man folgt einem schmalen Trampelpfad ins Dickicht und stößt bald auf die ersten blauen Markierungen. Diese blauen Punkte und Pfeile begleiten uns nun den ganzen Weg bis nach oben, allerdings sind sie nicht immer auf den ersten Blick zu sehen.

Die Wegfindung ist meistens reichlich abenteuerlich, man sucht laufend nach Wegspuren oder Markierungen. Oft sind diese aber erst auf den zweiten Blick ersichtlich. In der Regel wird man den „Weg“ durch blaue Markierungen finden, ab und zu sind Steinmännchen oder orangefarbene Eisenstangen gesetzt.
Am Anfang wandern wir wandern ohne große Schwierigkeiten durch einen traumhaften Herbstwald.

Bevor man den dichten Wald verlässt wird man bereits mehrmals auf die Probe gestellt. Die Markierungen sind weit auseinander, einen richtigen Weg gibt es nicht wirklich, nur dicht gewachsenes Gras und Gestrüpp. Mehrmals fragen wir uns, ob wir hier schon richtig sind. Dann aber entdecken wir wieder die nächsten Markierung. Abenteuer Pur!

Irgendwann trifft man auf ein Fixseil welches in einer Steilwand hängt, dieses gehört aber zu einer Sportkletter-Route. Also besser nicht daran aufsteigen! Der „Weg“ geht unterhalb der Felswand entlang weiter.
Anfangs bestaunen wir noch die leuchtenden Orange- und Gelbtöne des herbstlichen Waldes, doch der Weg wird schnell steiler und auch ausgesetzter. Bald ist durchgehend volle Achtsamkeit bis nach oben angesagt.

Grob gesagt schlängelt sich die Route erst links unter einem Felsband hoch. Man erreicht eine exponierte „Ecke“ an der es nicht mehr weitergeht und quert dort nach rechts über ein steiles Grasband weiter nach oben.
Der Weg wird nun praktisch durchgehend steil und ausgesetzt. Hier ist jetzt vollste Konzentration gefragt.

Das Gelände hier ist nichts für Flachlandtiroler: unter den Füßen tut sich direkt ein Abgrund auf und viele Griffe am Fels sind locker. Die Steinschlaggefahr ist nicht zu unterschätzen. Gerade bei den losen Steinen sollte man sehr vorsichtig sein, da sich diese zum Teil sehr sehr leicht lösen!

Exakte Wegbeschreibung? Schwer!
Den exakten Weg zu beschreiben fällt schwer und macht eigentlich auch wenig Sinn, da er zwischen den Markierungen immer wieder neu gesucht werden muss. Im folgenden Foto wird das sehr gut dargestellt. Der Pfeil zeigt geradeaus weiter, allerdings ist dort alles komplett verwachsen. Links geht es runter in den Abgrund, rechts ist eine unüberwindbar steile Felswand. Also heißt es Augen zu und ab durchs Gestrüpp. So sieht der „Weg“ hier aus.

Am besten ist es meinen GPS-Track herunterzuladen (ganz unten bei der Karte) und diesem dann grob zu folgen. Je nach Wildbewuchs muss man die Route sowieso etwas variieren. Die Person welche die Wegmarkierungen angelegt hat, wollte es uns wohl nicht ganz einfach machen. Aber genau das macht auch den Reiz der Route aus.
Durch die Plofora
Weiter oben, in der Plofora, finden sich vermehrt orange gefärbte Eisenrohre, welche den weiteren Routenverlauf zeigen.

Wir folgen dem Pfad, immer ausgesetzt und wild. Nervenkitzel mit schöner Aussicht! Während uns hier oben die warme Herbstsonne verwöhnt liegt das Rheintal im Nebel.

In einem kleinen Waldstück wartet nun die „Schlüsselstelle“ der Tour. Über einen orangen Punkt klettert man über eine kleine Fels-Stufe (I) hoch und erreicht wieder das vorherrschende Schrofengelände.

Wir queren wegsuchend weiter, teils kletternd, teils vorsichtig seitlich vortastend, aber immer steil nach oben.
Von der Plofora zum Lienzer Spitz
Langsam kommt der Lienzer Spitz näher, ab hier ist der Weg nicht mehr markiert, allerdings ist der Routenverlauf auch logisch. Man folgt zuerst einfach der Gratschulter nach oben, zwischen Wildwuchs hindurch, bis man schlußendlich auf eine Steinmauer trifft. Diese leitet einen weiter Richtung Hoher Kasten.

Der Hohe Kasten ist von nun an nicht mehr zu verfehlen und sollte auch angesteuert werden. Wir hätten gehofft bei der Alp Läuischlatt eine Abkürzung zu finden, aber dort sind nur abfallenden Steilwände durch die kein Weg hinunterführt.

So nutzen wir den Abstecher zur imposanten Felskante um eine kurze Pause einzulegen und den Ausblick zu genießen. Danach geht es über den Better, ein flaches Wiesenplateau, Richtung Hohen Kasten.

Der Hohe Kasten – ein hoffnungslos überlaufener Gipfel
Von der Ferne aus sehen wir schon die Seilbahntouristen wie Ameisen um den Gipfel wuseln, deshalb beschließen wir den Gipfel des Hohen Kasten auszulassen.

Durch die totale Verbauung mit Sendeantenne, Drehraustaurant und Seilbahnstation ist der Gipfel sowieso wenig interessant und meistens auch vollkommen überlaufen. Der weitere Weg führt uns um den Hohen Kasten herum zum Kastensattel.

Von hier aus kann man noch einen schönen Blick auf den Sämtisersee werfen, bevor man bei Maritsch über den Rorgrat und Oberstofel unspektakulär Richtung Berggasthaus Alp Ror absteigt. Von dort aus führt uns eine Schotterstraße durch den Rorwald zurück zum Parkplatz.

Am Ende geht man noch durch eine imposante Schlucht mit zwei Tunnels und ist wieder zurück am Ausgangspunkt.
Karte für die Wanderung
GPS-Track Download Hoher Kasten via Plofora, Kastenwand und Lienzer Spitz
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